Historie

Über 40 Jahre THEATERGRUPPE SALZGITTER-BAD e.V.

Mehr als 200 Inszenierungen entstanden in dieser Zeit und über 1.200 Schauspieler/innen waren seit der Vereinsgründung aktiv.

Die Theaterarbeit am Gymnasium Salzgitter-Bad begann bereits 1972. Mit dem Einzug in das neue Gymnasium Am Eikel, das über eine große Aula verfügte, war die Herausforderung für Gernot Bischoff gegeben, die Bühne zur eigenen Theatertätigkeit zu nutzen. Zusammen mit theaterbegeisterten Schülern und Eltern konnte die Theatergruppe des Gymnasiums aus der Taufe gehoben werden. Es wurde das Stück „Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder aufgeführt.

1972: Das erste Stück der Theatergruppe „Unsere kleine Stadt“ mit von links: Dagmar Möller, Roger Rauscher, Gernot Bischoff

Die Inszenierung war ein rauschender Erfolg. Dreimal hintereinander war die Aula mit ca. 900 Zuschauern restlos überfüllt, die Zuschauer saßen auf den Treppenstufen und dem Boden. Die Presse schrieb, der Erfolg sollte Anstoß zu weiterer erfolgreicher Arbeit sein. Und das war sie dann ja auch. Die Ziele waren noch nicht hochgesteckt: Die Kosten einspielen und etwas für die nächste Inszenierung zurücklegen.

Die Gruppe lernte bald, dass mehr Zubehör notwendig war: Beleuchtungskörper, Bühnenteile, Kostüme, wichtige Requisiten. Auch die Theaterverlage meldeten sich mit Forderungen für Tantiemen und Rollenbücher. So musste der Eintrittspreis von 50 Pfennigen angehoben werden. In den folgenden Jahren bis zur Vereinsgründung wurden neun Theaterstücke aufgeführt, von denen einige preisgekrönt wurden.

1974/75 wurde die „Grips-Gruppe“ gebildet, die sich aus Schülern der Eingangsklassen zusammensetzte. Das Stück „Mannomann“ war so erfolgreich, dass es im weiteren Umkreis 26 mal (!!!) gespielt wurde. Mehr ging aus schulischen Gründen nicht.

Szene aus dem erfolgreichsten Jugendstück „Mannomann“ von 1975; 26 mal aufgeführt!

Ein weiterer Einschnitt war die Einführung der Orientierungsstufe. G. Bischoff unterrichtete auch dort an der Wiesenschule und gründete – wie könnte es anders sein – eine Märchen AG, die als erstes Stück „Der gestiefelte Kater“ zur Aufführung brachte. Es war die Geburtsstunde der Märchenbühne, die noch heute sehr erfolgreich in jedem Jahr ein Weihnachtsmärchen und zu Walpurgis ein Kinderstück präsentiert.

Zur Vereinsgründung kam es, weil der damalige Leiter des Gymnasiums, Günter Lube, ein Machtwort sprach, denn die Höhe der Einnahmen und Ausgaben für den Theaterbetrieb überschritten die Leistungsfähigkeit der Verwaltung des Gymnasiums erheblich.

Die Märchenbühne war es dann auch, die das erste Stück des neuen Vereins auf die Bühne brachte. Es war das noch heute gespielte Stück der Grips-Bühne „Stokkerlok und Millipilli“. Hier wirkten die Kinder der OS Wiesenschule und des Gymnasiums mit.

Szenenfoto aus “Stokkerlok und Millipilli”, das 1. Stück des Vereins

Schon damals erkannte Gernot Bischoff, dass die Märchen, wenn sie erfolgreich auf die Bühne gebracht werden sollen, kindgerecht aufbereitet werden müssen. Das bedeutet: Sie müssen eine einfache Sprache haben, die zuschauenden Kinder müssen in das Spiel mit einbezogen werden und es müssen viele Nebenrollen geschaffen werden, damit möglichst viele Kinder mitspielen können. So hat er einige Märchen für die Märchenbühne bearbeitet und sogar in einem Theaterverlag veröffentlicht.

Am 7. November 1977 hatten sich 10 Personen im Hause Herrenbrück versammelt (heute Gemeindehaus der St. Mariae-Jakobi-Gemeinde), um die Theatergruppe Salzgitter-Bad e.V. zu gründen. Davon waren drei Lehrkräfte: Günter Lube (damaliger Schulleiter), Gerhard Herrenbrück und Gernot Bischoff, drei Elternvertreter: Wilhelm Bosse, Erwin Fromme und Elly Nietsch und von den erwachsenen Schülervertretern oder ehemaligen Schülern Angelika Strauß, Roger Rauscher, Hansgert Hascher und Matthias Schiller. Eine Satzung war bereits ausgearbeitet und von einem Notar beglaubigt worden.

Gründungsmitglieder v. links nach rechts: Matthias Schiller, Elly Nietsch, Günter Lube, Gernot Bischoff, Erwin Fromme, Roger Rauscher, Wilhelm Bosse, Hansgert Hascher, Angelika Strauß, Gerhard Herrenbrück

Es wurde ein Vorstand gewählt, der aus 6 Mitgliedern bestand:
1. Vorsitzender wurde Studienrat Gerhard Herrenbrück, sein Stellvertreter Oberstudienrat Gernot Bischoff, Schriftführerin die Fremdsprachen-Korrespondentin Angelika Strauß, ihr Stellvertreter der Student Roger Rauscher. Zur Schatzmeisterin wurde die Hausfrau Elly Nietsch und zu ihrem Stellvertreter der Bundesbahnamtmann Wilhelm Bosse bestimmt.

Spielleiter wurde Gernot Bischoff und um die Jugend kümmerte sich der Schüler Hansgert Hascher.

Der Monatsbeitrag für Berufstätige betrug 2,– D-Mark und für in der Ausbildung Befindliche 1,– D-Mark.

Erstaunlich ist, dass das Vereinsvermögen damals bereits 5.524,63 D-Mark betrug.

1978 übernahm Gernot Bischoff den Vorsitz der Theatergruppe und leitete sie bis 2005. Mit seinem Ausscheiden aus dem Vorstand wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Damals betreute die Theatergruppe bereits drei Schultheatergruppen: Die Sek. II-AG und die beiden Sek. I-AGs (Märchenbühne und Gripsbühne).

Ein weiterer Vorteil der Vereinsgründung war, dass nun auch die Absolventen des Gymnasiums nach dem Abitur weiterhin in der Theatergruppe aktiv sein konnten. Auch für Erwachsene war nun das Mitspielen auf den Brettern, die die Welt bedeuten, möglich. Dies eröffnete natürlich ganz neue Möglichkeiten, und so ließ die Erwachsenenbühne nicht lange auf sich warten. Als erstes Stück der Erwachsenenbühne wurde „Tischmanieren“ von Alan Ayckbourn aufgeführt. Unter dem Dach der Theatergruppe gründete sich dann ein Literaturzirkel und eine Sparte Tanzgymnastik.

„Tischmanieren“, das erste Stück der Erwachsenenbühne 1979

1981 wurde zum ersten Mal ein Kriminalstück präsentiert: „10 kleine Neger“ (heute: „Und dann gab’s keines mehr“) von Agatha Christie.

„10 kleine Neger“, der erste Krimi 1981. Auf dem Foto von links: Reiner Siedolds, Angelika Strauß, Lothar Bombe, Thomas Duwald, Angelika Stock

1982 kam der Ruf nach einem eigenen Probenraum auf. Hintergrund war, dass die Theaterjugend nicht eigenständig proben konnte, da in der Aula immer eine Lehrkraft anwesend sein musste. Das war angesichts der vielen Probentage auch am Wochenende nicht möglich.

So wurden nach langem Suchen durch Vermittlung der Druckerei Trümper deren ehemalige Lagerräume angemietet. Der Name „Butze“ war schnell gefunden. Das Gebäude musste instandgesetzt werden, da das Dach undicht war. Die Räume mussten durch die Mitglieder völlig neu renoviert und gestaltet werden. Es gab keinen Wasseranschluss und keine Heizung. Als erstes wurde ein Ofen gekauft, anschließend musste für die Wasser- und Abwasserleitung ein Graben geschachtet werden. Auch mussten nach Vorgaben der Stadt zwei Toiletten gebaut werden. Die Arbeiten zogen sich von der Anmietung im November 1982 bis Anfang 1984 hin, um aus dem baufälligen Gebäude ein akzeptables Vereinsheim zu machen. Am 8. April 1984 wurde in Anwesenheit von Oberbürgermeister Rückert, Oberstadtdirektor Dr. Göttrup und weiterer Politikprominenz das Vereinsheim offiziell eingeweiht. Eine gesonderte Feier wurde für die vielen ehrenamtlichen Helfer und Firmen veranstaltet, die zum Teil zum Selbstkostenpreis die Arbeiten verrichteten. Ein besonderer Dank ging an den Gesangsverein „Liederkranz“, dessen Mitglieder ebenfalls aktiv mitgearbeitet hatten.

1984 wird das neue Vereinsheim bezogen – die neue „Butze“

1983 wurde die Jugendbühne gegründet. Es war laut Satzung bis dahin nicht möglich, vor Vollendung des 18. Lebensjahres Mitglied der Theatergruppe zu werden. Dies wurde in diesem Jahre geändert, so dass zukünftig jedes interessierte Kind und jeder Jugendliche mit dem Einverständnis der Eltern Mitglied werden kann. Der erste Spielleiter der Jugendbühne wurde Jens Würfel, sein Stellvertreter Sören Pahl. Zwei Schüler, die die Arbeit der Theatergruppe entscheidend prägen sollten. Bereits 1982 führte die Jugendbühne das Stück „Schloss des blauen Phantoms“ auf, das Jens Würfel frei nach Alfred Hitchcock geschrieben hatte.

Szenenfoto aus “Schloss des blauen Phantoms” von Jens Würfel

Damit nicht genug. 1983 folgte bereits der nächste Krimi, den diesmal Sören Pahl und Jens Würfel gemeinsam geschrieben hatten:  „Zehn Margeriten und eine Rosenhecke“. Es sollte der Beginn einer erfolgreichen und kreativen Zusammenarbeit sein. Insgesamt haben sie sieben abendfüllende Stücke geschrieben oder an ihnen mitgewirkt. Eine herausragende Bilanz für Schüler bzw. Studenten!

Szenenfoto aus “Zehn Margeriten und eine Rosenhecke” von Sören Pahl und Jens Würfel

Ebenfalls 1983 gründet sich eine Film – AG unter der Leitung von Jens Bosse und 1984 erscheint der erste Film „Have a look in my brain“, der positiv von der Kritik aufgenommen wurde.

Sören Pahl in „Die neuen Leiden des jungen W.“ 1984

Mit dem Einstieg von „HaGü“ Gerhold in die Theaterarbeit 1985 am Gymnasium nahm die Theatergruppe weiter Fahrt auf. Mit Gernot Bischoff und ihm standen zwei Pädagogen für die Theaterarbeit zur Verfügung. Somit konnte noch vielfältiger und intensiver gearbeitet werden. 1985 nahm die Theatergruppe auch zum ersten Mal am Altstadtfestumzug teil. Eine Tradition, die bis heute gepflegt wird. Jedes Mal ist die Theatergruppe aufgrund der schönen Kostüme ein lohnendes Fotomotiv für die Pressefotografen.

Altstadtfestumzug 1993

Seit 1987 ist die Theatergruppe Mitglied im Landesverband Niedersächsischer Amateurbühnen e. V. und kann dadurch von den zahlreichen Fortbildungsangeboten des Verbandes Gebrauch machen.

1988 trat Friedel Nüsse in die Theatergruppe ein. Bereits im selben Jahr spielte sie bei „Hurra, ein Junge“ mit. Sie wurde ein sehr aktives Mitglied, das sowohl als Schauspielerin als auch als Autorin im Literaturzirkel aktiv war und oft gemeinsam mit Gernot Bischoff Lesungen hielt. 1991 gründete sie die Sketch-Gruppe „Sketch-ab’s“, die noch heute, nunmehr unter der Leitung von Beate Andreseck, existiert und sehr erfolgreich ist. Leider starb Friedel Nüsse viel zu früh am 1. Dezember 2010.

Friedel Nüsse – Ehrung für 10 Jahre Mitgliedschaft

1989 wurde in Wolfenbüttel durch aktive Mitglieder der Theatergruppe die „kleine Bühne“ gegründet. Umzüge von Wolfgang Bessert und Ralf Kleefeld hatten diese bewogen, in Wolfenbüttel auch eine Amateurtheatergruppe zu gründen. Bis 1991 waren sie in beiden Theatergruppen aktiv. Dann ging es aber aus terminlichen Gründen und durch Arbeitsüberlastung nicht mehr. Das war für die Theatergruppe Salzgitter-Bad ein herber Verlust. Aber das aktive Theaterleben ging weiter. Und wie! Im gleichen Jahr führte die Theaterjugend „Die Falle“ und die Märchenbühne ein Stück von Michael Ende mit dem unaussprechlichen Titel „Der satanarchäolügenialko-höllische Wunschpunsch“ auf.

Der „satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch” von Michael Ende. 1991

1992 wurde das erste Musical auf die Bühne gebracht: „Die Rache der Igel“ von Mechthild von Schoenebeck. Bearbeitet wurde es von Gernot Bischoff (Text) und dem Musiklehrer Kuno Galter. Es sollte der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit sein und der Start zu einer Serie von Musicals, die bis heute anhält.

Szenen aus „Die Rache der Igel“, das erste Musical der Theatergruppe mit Livemusik und Gesang 1992

1997 erhielt Gernot Bischoff für seine besonderen Verdienste für die Theatergruppe und des Amateurtheaters die Ehrennadel des Amateurtheaterverbandes Niedersachsen. 2005 wurde er mit dem „Salzsiederpokal“ für seine ehrenamtliche Arbeit geehrt und am 16.10.2007 mit dem Niedersächsischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Verleihung des Niedersächsischen Verdienstordens durch Oberbürgermeister Frank Klingebiel an Gernot Bischoff am 16.10.2007

In der Laudatio führte Oberbürgermeister Klingebiel aus, dass damit das kulturelle Engagement Bischoffs in Salzgitter und der gesamten Region gewürdigt wird, aber auch seine besonderen Verdienste um die Braunschweiger Landschaft, für die er aktiv als Leiter der Arbeitsgruppen Musik und Literatur gewirkt habe. Auch sein besonderes Engagement bei der Förderung der Städtepartnerschaften mit Theateraufführungen in Finnland (Imatra), Russland (Staryj Oskol) und der damaligen „DDR“ (Gotha) werden mit der Auszeichnung gewürdigt. Es ist unmöglich, alle Verdienste und ehrenamtlichen Tätigkeiten Gernot Bischoffs aufzuführen. Allein dies würde schon ein Buch füllen.

Dass bei all diesen Aktivitäten die Ehefrau Margot Bischoff eine wesentliche Rolle spielt, wurde am 16.11.1995 mit der Überreichung der „Grubenlampe“ an sie gewürdigt. Sie war die erste Frau, die diese Auszeichnung erhielt.

Am 16.11.1994 erhält Margot Bischoff die Grubenlampe

Grundidee bei der Verleihung der „Grubenlampe“ ist es, Menschen auszuzeichnen, die nicht unbedingt im Rampenlicht stehen, aber trotzdem durch ihr Handeln oder ihre Ausstrahlung die Stadt liebens- und lebenswert machen. Es wurde gewürdigt, dass Margot Bischoff in den bis dahin 20 Jahren Mitgliedschaft in der Theatergruppe eine selbstlose Helferin, Souffleuse und „Mutter“ der Theatergruppe ist. Ohne sie lief vor und hinter der Bühne gar nichts.     

1998 startete ein weiterer „Dauerbrenner“. Die Theatergruppe präsentiert erstmals das Walpurgis-Spektakel mit dem Hexentanz, dem Auftritt des Mephisto und dem anschließenden Einzug der Maikönigin mit ihren Elfen. Die Waldgaststätte am Hasenspring  bot hierfür die perfekte Kulisse. Das Spektakel zog jährlich mehrere Tausend Zuschauer in seinen Bann. Aus organisatorischen Gründen musste diese traditionelle Veranstaltung  2014 leider eingestellt werden.

Mephisto und die Hexen – von 1998 bis 2014 ein jährliches Schauervergnügen am Hasenspring

Wie bereits erwähnt, führt auch die Märchenbühne – seit 2001 – jedes Jahr ein Stück für die kleinen Zuschauer am Hasenspring auf. Es begann mit “Die kleine Hexe” und seitdem sind viele Stücke von Kindern für Kinder aufgeführt worden. Unter der Regie von Ha-Gü Gerhold gelingt es immer wieder, die kleinen Zuschauer in Atem zu halten.

Die Märchenbühne am Hasenspring “Chaos im Märchenland” nach einer Idee der Schülerin Nele Walter, 2019

Die Technik spielte bei den Theateraufführungen zunächst „nur“ eine Nebenrolle, wurde aber mit der Zeit immer wichtiger. Erstmals erwähnt wurde 1981 Horst Bollmann als zuständiger Mann für die Technik, der sogar ein eigenes Mischpult baute. 1988 wird zum ersten Mal Arne Specht als ein Verantwortlicher für die Technik genannt. Er ist bis heute aktiv und ergriff ebenfalls den Beruf des Elektroingenieurs. Auch Oberstudienrat Reinhard Möller war viele Jahre für die Technik aktiv. 1996 wird mit der Aufnahme der Technikvertreter R. Möller und A. Specht in den Beirat des Vorstandes die Bedeutung der Technik für die Theatergruppe zum Ausdruck gebracht.

Arne Specht unterweist den Nachwuchs

Im Jahre 2000 wird erstmalig von der Technik-Crew gesprochen (A. Specht, J. Janzen, S. Hartmann und R. Möller). Da der Technik-Nachwuchs ausbleibt, wird im Januar 2007 unter der Leitung von Henning Andreseck und Sascha Hillebrecht am Gymnasium eine Technik-AG gegründet. Henning Andreseck ist auch heute noch aktiv als Techniker und im Vorstand tätig. Dass es damals eine richtige Entscheidung war, zeigt sich daran, dass die Technik heute auf dem neuesten Stand ist und die dafür Tätigen gut ausgebildet sind. Ebenso sind die Bühnenbauer und die Maskenbildner zu erwähnen, ohne die nichts läuft. Meist sind es Schauspieler, die auch diese Aufgaben übernehmen.

Maxi Voß und Julien Lüer sorgen mit modernster Technik für Licht und Ton
Beim Bühnenbau ist für Bernward Ritter und Arne Specht Millimeterarbeit angesagt.
Kathrin Lipok in der Maske

Ebenfalls im Jahr 2000 begann eine neue Ära der Jugendbühne, die von Fabian Bothe und Jesse Letter geprägt wurden. 1998 gaben beide ihr schauspielerisches Debüt in „Mahlzeit“ und bereits 2000 inszenierten beide geneinsam ihr erstes Stück „Blut und Liebe“. Es sollten noch weitere folgen, bis 2005 mit ihrer letzten Produktion „Hinkemann“ eine herausragende Regiearbeit gelang. Sie erzählt die Geschichte eines Kriegsheimkehrers aus dem 1. Weltkrieg, der als Krüppel voller Hoffnung auf ein besseres Leben zu seiner Ehefrau zurückkehrt und dann doch bitter enttäuscht wird. Es war begeisternd, wie junge Menschen dies schwere Stück auf die Bühne gebracht haben. Dabei kam ihnen zu Gute, das sie auch herausragende Schauspieler waren und bis dahin in über 20 Produktionen mitgewirkt hatten.  Fabian Bothe hatte noch ein weiteres Talent: Er konnte gut singen und war bei fast jeder Musical-Produktion dabei. Er wählte auch den Beruf  Musicaldarsteller und ist noch heute bei den Musical-Produktionen und den Sketch-ab’s ein gern gesehener Sänger und Darsteller.

Jesse Letter (links) und Fabian Bothe in “Hinkemann” 2005

2000 startete mit der „Rocky-Horror-Show“ die immer noch anhaltende Zeit der großen Musical-Inszenierungen. Mit immer aufwändigerer Technik und Livemusik brachten Lehrer und Schüler echte Musical-Atmosphäre in die Aula. Ob „Grease“ (2002), „Saturday Night Fever“ (2003) oder „Flower-Power-Hair “ (2006), es waren immer wieder umjubelte ausverkaufte Aufführungen. Inzwischen sind aus einigen damaligen Schülern und Schülerinnen Musicaldarsteller geworden, die es sich nicht haben nehmen lassen, bei den neuen Produktionen wie „Die ABBA – Story“ (2013) oder in der „Musical-Night“ (2017) mitzuwirken.

Die “ABBA-Story”, 2013. Die technisch anspruchsvollste Musical-Inszenierung der Theatergruppe

2006 führte zum ersten Mal ein Urgestein der Theatergruppe bei dem Stück „Schwester Hester aus Lancaster“ Regie: Marita Lux. Man sagt, das Stück hatte das bombastischste Bühnenbild, das es bei der Theatergruppe je gegeben hat. Seit 1981 ist sie Mitglied der Theatergruppe, wirkte in über 25 Produktionen und unzähligen Sketchauftritten mit und erhielt 2000 für ihre Verdienste (u. a. auch 15 Jahre Vorstandsarbeit) die Ehrennadel des Amateurtheaterverbandes Niedersachsen.

“Schwester Hester aus Lancaster”, 2006. Solch ein Bühnenbild gab es nie wieder.

Beim 30jährigen Jubiläum 2007 wurde von der Komödienbühne unter Regie von Sarah Funke  „Der Dieb der nicht zu Schaden kam“ von Dario Fo gezeigt. Danach fand sich niemand, der die Geschicke bei den Erwachsenen in die Hand nehmen wollte. So drohte dieser Teil der Theatergruppe ins Abseits zu geraten.

“Der Dieb, der nicht zu Schaden kam”, 2007

Doch 2010 ergriff Sarah K. Broser die Initiative und erklärte sich bereit, das Stück „Die Falle“ von  Robert Thomas zu inszenieren. Sarah hatte Bühnenerfahrung bei der Komödienbühne, dem Musical und der Märchenbühne sowie zusammen mit „HaGü“ Gerhold Regieerfahrung bei der Märchenbühne gesammelt. Aber mit Erwachsenen zu arbeiten war eine völlig neue Erfahrung. Die Produktion war schauspielerisch und von der Inszenierung auf hohem Niveau.

Szene aus “Die Falle”, 2011

2010 war überhaupt die Initialzündung für die neue Generation bei der Theatergruppe. Die Erwachsenenbühne war wieder präsent, die “Sketch-ab’s” erlebten eine neue Blütezeit und die Musicals wurden in der Aula durch umfangreiche Technik noch besser zur Geltung gebracht. Im Einzelnen: Nach der bereits erwähnten „Falle“ wagte die Erwachsenenbühne an „Lord Arthur Saviles Verbrechen“ von Oscar Wilde, in dem Marti Fischer sein Debüt bei der Erwachsenenbühne gab.

Szene mit Simon Bunzel, Beate Andreseck und Marti Fischer aus “Lord Arthur Saviles Verbrechen” von Oscar Wilde 2012

Im Jahre 2013 und 2014 folgten zwei Kriminalstücke, die Sarah K. Broser geschrieben hatte: „Nichts ist wie es scheint“ und „Der Mörder ist unter uns“. Das war auch das letzte Stück, in dem Peter Koths mitgewirkt hat. Seit 1991 im Verein, war er 14 Jahre im Vorstand und wirkte in über 30 Stücken mit.

Henning Andreseck und Marco Walter machen aus den Plakaten Kunstwerke

2017 wurde mit dem Agatha-Christie-Krimi „Nichts ist wie es scheint“ (früher 10 kleine Negerlein) ein neues Experiment gewagt: Es gab keinen festen Regisseur sondern alles wurde gemeinsam erarbeitet. Nach den guten Kritiken darf man sagen, dass das Experiment gelungen ist.

Die Erwachsenenbühne 2017 mit dem Stück “Und dann gab’s keines mehr” von Agatha Christie

Sechs Mal hintereinander führte Sarah K. Broser Regie. Zwei der Stücke stammten aus ihrer Feder. Im März 2018 brachte sie ihr drittes selbstgeschriebenes Stück „Zerbrichmeinnicht“ mit der Jugendbühne zur Aufführung. Sie reiht sich damit in die Reihe der erfolgreichen Autoren Gernot Bischoff, Jens Würfel und Sören Pahl ein. 

Szene mit Christina Walter, Henrike Straten und Niklas Ott aus “Zerbrichmeinnicht” von Sarah K. Broser, 2018

Auch die Sek. II-Bühne des Gymnasiums Salzgitter-Bad ist mit Inszenierungen von klassischen Stücken sehr erfolgreich. Friederike Goosmann hat die Stücke auf ca. eine Stunde gekürzt und und führt auch Regie. Sie hat es verstanden, diesen schweren Stoff leicht verständlich auf die Bühne zu bringen und den Schauspielernachwuchs erfolgreich auf die Bühne zu bringen. Im Februar 2019 war “Nora oder Ein Puppenheim”  von  Henrik Ibsen zu sehen.

Szene aus “Nora oder Ein Puppenheim” der Sek. II-Bühne 2019

2019 brachte die Erwachsenenbühne ihren ersten Edgar Wallace-Krimi auf die Bühne. „Die seltsame Gräfin“ wurde im Februar/März 2019 zu einem umjubelten Kassenschlager. Unter der Regie von Susanne Kowol und Sarah Funke gelang eine herausragende Inszenierung, die auch durch eine überragende Technik zu einem Riesenerfolg wurde.

Ein Riesenerfolg der Erwachsenenbühne: “Die seltsame Gräfin” von Edgar Wallace mit Julia Meckoni in der Titelrolle 2019

Ab 2010 gestalten die Sketch-ab’s ihre Shows unter einem bestimmten Motto und so lässt der Erfolg nicht lange auf sich warten: 2012 sollen sie die kulturelle Eröffnung des Altstadtfestes gestalten. Es wird ein Riesenerfolg. Seitdem verfolgen jedes Jahr mehrere hundert Zuschauer beim Altstadtfest die Comedyshow, die mit Kult-, aktuellen und auch selbstgeschriebenen Sketchen von Beate Andreseck das Publikum begeistert. Die Sketch-ab’s werden immer beliebter und bekannter. Sie erfreuen immer wieder bei privaten Feiern in Salzgitter und auch überregional das Publikum.

Die “Sketch-ab’s” bei der kulturellen Eröffnung des Altstadtfestes im Ratskeller

Bereits seit 2007 wurde darüber nachgedacht, einen neuen Probenraum zu finden. Die „Butze“ hatte in den Jahren erheblich gelitten. Wasserschäden, undichte Fenster und Heizungsprobleme machten eine Probenarbeit im Winterhalbjahr unmöglich. Doch die Suche nach geeigneten Räumen gestaltete sich sehr schwierig und so wurde der eigentlich 2011 auslaufende Mietvertrag noch einmal verlängert. Nach einem Hinweis auf Leerstände in der SMAG nahm der 1. Vorsitzende HaGü Gerhold Kontakt mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Decker auf. Dieser zeigte sich bereit, uns Räume zu überlassen. Doch sie waren in keinem guten Zustand und machten umfangreiche Renovierungsarbeiten erforderlich. Alle aktiven Mitglieder beteiligten sich an den Arbeiten und so entstand nach einem halben Jahr ein vollwertiger Probenraum mit Bühne und entsprechender Technik. Im November 2012 wurde er in Verbindung mit dem 35jährigen Jubiläum mit zahlreichen Gästen eingeweiht und in Betrieb genommen. HaGü Gerhold bedankte besonders bei „Bauleiter“ Hans-Jürgen Andreseck, der viele Tage und Stunden damit verbrachte, dem Probenraum und dem Flur den letzten Schliff zu geben.

Vor den Renovierungsarbeiten…
… und danach: Der neue Probenraum 2012

In den vergangenen über 40 Jahren hat die Theatergruppe mehr als 200 Inszenierungen auf die Bühne gebracht. Eine stolze Leistung. Über 1.200  Schauspieler/innen haben in all den Jahren in Inszenierungen der Theatergruppe mitgewirkt. Für herausragende Leistungen für die Theatergruppe Salzgitter-Bad e. V. und damit für das Amateurtheater wurden bei der 40jährigen Jubiläumsfeier folgende Mitglieder ausgezeichnet:

Mit der goldenen Ehrennadel des Deutschen Amateurtheaterverbandes:

Gernot Bischoff

Mit der silbernen Ehrennadel des Niedersächsischen Amateurtheaterverbandes:

Ha-Gü Gerhold

Arne Specht

Mit der bronzenen Ehrennadel des Niedersächsischen Amateurtheaterverbandes:

Beate Andreseck

Henning Andreseck

Sarah Broser

Simon Hartmann

Matthias Roßa

Die Geehrten: Stehend von links: Simon Hartmann, Sarah Broser, Henning Andreseck, Beate Andreseck, Hans-Jürgen Andreseck, Ha-Gü Gerhold, Matthias Roßa, Arne Specht.
Sitzend: Gernot Bischoff.

Vordergründig ist ein 40jähriges Jubiläum vielleicht nichts Besonderes. Wenn man jedoch bedenkt, wieviel Arbeit dahintersteckt, solch einen Verein am Leben zu erhalten, dann weiß man erst, welche Arbeit die Verantwortlichen in der Vergangenheit geleistet haben. Angefangen von der Auswahl der Stücke, den vielen Proben auch am Wochenende, der Organisation für Auftritte, Programme, Eintrittskarten, Requisiten, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, dem Bühnenbau bzw. die Ideen zu finden für den Bühnenbau, der Technik für Licht und Ton, die Auswahl der Kostüme usw.. Das alles wurde in der Vergangenheit von ehrenamtlichen Mitgliedern erledigt. Inzwischen genießt die Theatergruppe im Umkreis sowohl technisch als auch vom Bühnenbild her ein hohes Ansehen. Die Liebe zum Detail zeichnet die Aktiven aus. Mit der Basisarbeit bei der Märchenbühne werden die kleinen Akteure an die große Theaterwelt herangeführt. Es haben sich schon viele ehemalige Mitspieler/innen für den Beruf des Regisseurs, Schauspielers oder des Musicaldarstellers entschieden. Stellvertretend seien hier nur genannt:

Claudia Bosse, Theaterregisseurin (ausgezeichnet mit dem Nestroy-Theaterpreis 2009), sie inszenierte gerade für das Forum Freies Theater Düsseldorf „Thyestes Brüder! Kapital“ nach Seneca „Thyestes“.

Fabian Bothe, Schauspieler und Musicaldarsteller, war zuletzt im Udo Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“ zu sehen.

Knut Friedrich, Schauspieler

Maximilian Mann, Schauspieler und Musicaldarsteller, zur Zeit im Musical „Aladdin“ im Apollo Theater Stuttgart in der Rolle des Dschinni zu sehen.

Nedime Ostheimer, geb. Ince, Schauspielerin und Musicaldarstellerin. Beim Bundesgesangs-Wettbewerb Musical 2013 gewinnt sie den Walter Jurmann -Chansonpreis. 2019 war sie bei den Schlossfestspielen Schwerin als Tochter Chava in „Anatevka (Fiddler On The Roof)“ zu sehen.

Kathrin Wichmann, Schauspielerin. Im Jahr 2007 wurde Katrin Wichmann mit dem Boy-Gobert-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet. Seit der Spielzeit 2009/10 ist sie Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin. Beim Deutschen Fernseh-Krimi-Preis 2019 wurde sie für ihre Leistung im Tatort: „Borowski und das Glück der Anderen“ als beste Darstellerin ausgezeichnet.

Sylvia Zimnik, Schauspielerin und Musicaldarstellerin, feierte große Erfolge mit europaweiten ABBA-Tourneen und war u. a. mit den Musicals Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg unterwegs. Sie leitet die Stagecoach Performing Arts in Köln, eine Schule für Kinder und Jugendliche, in der sie theaterspielen, singen und tanzen zur Stärkung des Selbstwertgefühls lernen können.

Inzwischen ist die Theatergruppe Salzgitter-Bad e. V. nicht mehr aus dem Kulturleben der Stadt Salzgitter wegzudenken. Das Angebot ist vielfältig und umfasst die Erwachsenenbühne, die sich auf Kriminalstücke spezialisiert hat, die Märchenbühne, die ein fester Bestandteil für die Grundschulen und Kindergärten an Weihnachten ist und auch für die Kleinen immer ein Stück zur Walpurgisnacht präsentiert, die Jugendbühne, die sich auf Mysterystücke fixiert hat und die Sketch-ab’s, ohne die das Altstadtfest nicht mehr vorstellbar ist. Nicht zu vergessen die Musical-Aufführungen, die jedes Mal für eine volle Aula sorgen und für die Technik und die Musiker sowie die Darsteller eine besondere Herausforderung darstellen. Auch sozial engagiert sich die Theatergruppe. Jedes Jahr wird regelmäßig von den Einnahmen der Märchenbühne ein dreistelliger Betrag für soziale Zwecke gespendet.

So sind alle aktiven Mitglieder voller Tatendrang gespannt auf die Produktionen der kommenden  Jahre und hoffen, dass weitere Aktive sich für die Theaterarbeit vor und hinter der Bühne bereit erklären.

Hans-Jürgen Andreseck